Standeskodex
Der FSAI ist offen für neue Mitglieder. Seit seiner Gründung vor 75 Jahren vertritt der FSAI die Interessen von selbständig erwerbenden Architektinnen und Architekten. Er ist der einzige patronale Berufsverband der Schweiz, der sich in den Bereichen Professionalität und Ethik exklusiv für Architekten engagiert.
1. Materielle Bestimmungen
1.1 Zweck
1. Die Standesordnung regelt als Bestandteil der Verbandsstatuten das Disziplinarrecht des FSAI.
2. Im Bestreben, Ansehen, Würde und Selbstverständnis des Architekten im Schosse des FSAI zu wahren und zu fördern, dient sie der Behandlung von Verstössen der Verbandsmitglieder gegen das Berufsethos und die anerkannten Gepflogenheiten bei der Ausübung des Architektenberufes.
1.2 Standesunwürdiges Verhalten
Standesunwürdig ist jede vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung berufsethischer Grundsätze sowie der Statuten und Verbandsreglemente durch ein Mitglied des FSAI.
2. Formelle Bestimmungen
2.1. Organisation
2.1.1. Die Standeskommission
1. Der Standeskommission gehören ein Präsident, zwei Mitglieder sowie zwei Ersatzmänner an, die von der Delegiertenversammlung für eine Amtsdauer von 2 Jahren gewählt werden. Wiederwahl ist zulässig. Die Standeskommission konstituiert sich selbst.
2. Bei der Wahl ist dem praktischen Bedürfnis nach Mehrsprachigkeit der Verbandsmitglieder Rechnung zu tragen (Art. 2.2.1.1. Abs. 2).
3. Der Präsident der Standeskommission erstattet dem Zentralvorstand zu Handen der Delegiertenversammlung jährlich Bericht.
2.1.2. Die Rekurskommission
Die Rekurskommission besteht aus drei Mitgliedern und einem Ersatzmann. Sie wird von der Delegiertenversammlung für eine Amtsdauer von zwei Jahren gewählt. Wiederwahl ist zulässig. Die Rekurskommission konstituiert sich selbst.
2.2. Verfahren
2.2.1. Allgemeine Bestimmungen
2.2.1.1. Grundsätze des Verfahrens
1. Die Standeskommission wirkt in erster Linie als Vermittlerin. Ihre Verhandlungen sind nicht öffentlich.
2. Die Verhandlungen werden in der Regel in der Muttersprache des Bechuldigten geführt.
3. Tritt der Beschuldigte während des Verfahrens aus dem Verband aus, so verfügt die Standeskommission die Einstellung des Verfahrens. Eine Sanktion kann nicht ausgefällt werden.
4. Das Recht der Akteneinsicht ist gewährleistet.
2.2.1.2. Ausstand, Ablehnung
1. Ein Kommissionsmitglied hat in den Ausstand zu treten, wenn es mit einen der Beteiligten verwandt, verschwägert oder geschäftlich verbunden ist oder am Ausgang des Verfahrens ein unmittelbares Interesse hat.
2. Ein Kommissionsmitglied kann von den am Verfahren Beteiligten abgelehnt werden, wenn Tatsachen verliegen, welche geeignet sind, es als befangen erscheinen zu lassen.
3. Ueber Ausstandsbegehren und Ablehnungsanträge entscheidet die Rekurskommission. Sie ersetzt das in den Ausstand getretene oder abgelehnte Mitglied durch einen Ersatzmann.
2.2.1.3. Protokoll
1. Die Standeskommission bezeichnet einen Protokollführer, der nicht Mitglied der Standeskommission ist.
2. Die Einvernahmeprotokolle sind zu datieren und vom Einvernommenen, vom Präsidenten sowie vom Protokollführer zu unterzeichnen.
2.2.2. Vorverfahren
1. Das Verfahren vor der Standeskommission wird durch Einreichung einer Anzeige eingeleitet. Bei Rückzug der Anzeige gilt Art. 2.2.3.3. Abs. 2. Liegt der Tatbestand mehr als fünf Jahre zurück, so ist der Anzeige keine weistere Folge zu geben.4
2. Zur Einreichung einer Anzeige sind die Verbandsmitglieder und -organe berechtigt.
3. Die schriftliche Anzeige nennt den Beschuldigten sowie das als standesunwürdig beanstandete Verhalten unter Angabe der Beweismittel.
4. Der Präsident stellt dem Beschuldigten ein Doppel der Anzeige zu und setzt ihm Frist zur Einreichung einer schriftlichen Vernehmlassung. Versäamt dieser die Frist, so entscheidet die Standeskommission aufgrund der Akten und trifft nötigenfalls zusätzliche Erhebungen. Verbehalten bleibt Art. 2.2.3.2.
5. Ein weiterer Schriftenwechsel (Replik und Duplik) liegt im Ermessen des instruierenden Mitglieds der Standeskommission.
2.2.3. Hauptverfahren
2.2.3.1. Beweismittel
1. Der Ermittlung des Sachverhalts dienen folgende Beweismittel :
a) Urkunden;
b) Zeugen;
c) Augenschein;
d) Sachverständigengutachten;
e) Einvernahme der Beteiligten.
2. Jedes Verbandsmitglied ist verpflichtet, auf Vorladung der Standeskommission als Zeuge aufzutreten und wahrheitsgemäss auszusagen. Ein Zeuge kann aber die Aussage verweigern :
a) wenn er mit dem Beschuldigten verwandt, verschwägert oder wirtschaftlich eng verbunden ist;
b) wenn er die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verletzen müsste und vom Berechtigten von der Einhaltung dieser Pflicht nicht entbunden wurde;
c) wenn die Aussage für seine (Berufs-) Ehre nachteilig wäre oder ihn persönlich verantwortlich machen würde.
2.2.3.2. Beweisergebnis
Die Standeskommission gibt dem Anzeiger sowie dem Beschuldigten Gelegenheit, sich zum Beweisergebnis zu äussern.
2.2.3.3. Erkenntnis
1. Das Hauptverfahren wird durch Einstellungsbeschluss oder Entscheid in der Sache selbst abgeschlossen.5
2. Der Rückzug der Anzeige oder die Verständigang unter den Beteiligten beendet das Verfahren vor der Standeskommission, sofern die Interessen des Verbandes nicht entgegenstehen. Die Standeskommission beschliesst in jedem Fall über Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens und eröffnet ihren schriftlichen, begründeten Beschlass dem Anzeiger, dem Beschuldigten sowie dem Zentralvorstand.
3. Der Entscheid in der Sache selbst lautet auf Frei- oder Schuldspruch. Er ist zu begründen, von den urteilenden Mitgliedern der Standeskommission zu unterzeichnen und dem Anzeiger, dem Beschuldigten sowie dem Zentralvorstand unter Hinweis auf die Rekursmöglichkeit schriftlich zu eröffnen.
4. Ein Freispruch ist auf Begehren des Beschuldigten im Dispositiv in den Vereinsmitteilungen zu veröffentlichen.
5. Mit dem Schuldspruch verbindet die Standeskommission eine der folgenden Sanktionen :
a) Verweis, evtl. Verbunden mit Veröffentlichung des Dispositivs in den Vereinsmitteilungen.
b) Antrag auf Ausschluss an den Zentralvorstand (Art. 3.3. Abs. 2 der Statuten).
c) Für die Zumessung der Sanktionen sind sowohl die objektive Schwere des Verstosses wie auch das Verschulden massgebend.
6. Wird eine Sanktion ausgefällt, so trägt der Betroffene die Kosten des Verfahrens.
2.2.3.4. Vollzug
Der Zentralvostand vollzieht die rechtskräftigen Entscheide der Standeskommission und entscheidet über den Antrag auf Ausschluss eines Mitgliedes.
2.2.4. Rechtsmittel
2.2.4.1. Rekurs
1. Der Entscheid der Standeskommission kann vom Anzeiger, vom Beschuldigten sowie vom Zentralverstand binnen 60 Tagen seit Eröffnung bei der Rekurskommission schriftlich angefochten werden. Der Zentralvorstand und der Beschuldigte können überdies gegen Einstellungsbeschlüsse rekurrieren.6
2. Für das Rekursverfahren gelten die Vorschriften des Vor- und Hauptverfahrens sinngermäss. Die Rekurskommission entscheidet unter Vobehalt von Art. 2.2.3.3. Abs. 5 lit. b endgültig.
2.2.4.2. Beschwerde
1. Jeder am Verfahren Beteiligte sowie der Zentralvorstand können jederzeit bei der Rekurskommission schriftlich Beschwerde einreichen
- gegen die Standeskommission, wenn diese einer Anzeige nicht die reglementarische Folge gibt oder das Verfahren ungebührlich verzögert;
- gegen ein Mitglied der Standeskommission wegen ungebührlicher Behandlung.
2. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Vorschriften des Vor-und Hauptverfahrens sinngemäss. Die Rekurskommission ordnet zur Behebung festgestellter Missstände die ihr zweckdienlich erscheinenden Massnahmen an. Der Vollzug obliegt dem Zentralvorstand.
Beschlussfassung
Die Standesordnung wurde durch die Delegiertenversammlung vom 13. September 1980 in Zürich genehmigt; sie tritt sofort in Kraft und ersetzt jene vom 14. Oktober 1967.
Zürich, den 13. September 1980
Im Namen des Verbandes Freierwerbender Schweizer Architekten FSAI
Der Zentralpräsident: Adelbert Stähli , Der Zentralsekretär: Roland Mozzatti